Im Zweifel: Hoffen
Pandora und Eva

Zur Vorbereitung des Einstiegs des diesjährigen Jahrestreffens des Verbandes suchte ich in unterschiedlichen Quellenmaterialien zum Thema Hoffen. Eine mystische Figur, die mir dabei sehr schnell angeboten wurde, war Pandora. Die Frauengestalt, die alles Übel in die Welt gebracht haben soll und in ihrer Angst vor den Folgen die Büchse zuschlug und damit die
Hoffnung darin festhielt. Somit
herrscht das Übel in der Welt und
die Hoffnung bleibt uns verwehrt.
Dazu fiel mir sofort Eva ein, die in
der christlichen Mythologie
ebenfalls für die Sünden der Welt
verantwortlich gemacht wurde.
Sie scheint ebenfalls für die
Ursünde die Schuld zu tragen.
Wie ich in den
alttestamentarischen Vorlesungen
von Prof. Seifermann (München)
gelernt habe, war dem nicht so.
Eva ist die Lebensspenderin, die
Bejahende der Unterscheidung
zwischen Gut und Böse und damit
diejenige, die mit dieser
Erkenntnis in die Welt gerufen
wurde. Die Geschichte vom
„Sündenfall“ entlarvte sich als
eine Berufungsgeschichte der
Menschheit: In allem Guten steckt
auch das Böse! Erkenne Dich
Mensch, in Deiner
Widersprüchlichkeit und handle
mit deiner Erkenntnis! Akzeptiere
Deine Sterblichkeit, um dich dem
Leben in Fülle zuzuwenden!
Sorge für diese Erde und ihre
Geschöpfe! Diese Berufung ist
verbunden mit der Hoffnung, dass
der Mensch in Beziehung leben
kann. Daher auch die Idee von
Jahwe, das „Ich bin da!“.
Überall, in allen Dingen. Mich
interessierte nun, ob ich zu
Pandora ebenfalls vorpatriarchale
Interpretationen finden werde.
Und siehe da, schon der Name
von Pandora, die All-Geberin,
weißt auf etwas Anderes hin, als
die mythologischen Erzählungen
uns mitteilen sollen. In dem Buch
von Jean-Pierre Vernant: Mythos
und Gesellschaft im alten
Griechenland (1987) wurde ich
fündig. Die Geschichte „ist
gleichsam ein Symbol für die
Ambiguität der menschlichen
Existenz. In der Gestalt Pandoras
sind alle Spannungen und
Ambivalenzen vereint, die die
Stellung des Menschen zwischen
Tieren und Göttern kennzeichnen.
“ (S. 185) Die Hoffnung, Elpis, ist
verbunden mit dem Wissen, dass
wir geboren und sterben werden.
Hoffnung ist das Spannungsfeld
des Übels und Leids mit dem
Guten und Gesunden. Pandora ist
die Geschichte vom Leben: „Kein
Glück mehr ohne Unglück, keine
Geburt mehr ohne den Tod, kein
Überfluss mehr ohne Not, (…)“.
(S.187) Es ist die Erkenntnis, dass
wir Menschen auf einem schmalen
Grad wandern und die Hoffnung
ist die Kraft darauf zu bleiben.
Hoffnung ist keine Überwindung
der Angst. Sie ist verbunden mit
der Verzweiflung an dem was es
in unserem Leben an Übel gibt.
„Die innigste Hoffnung erwacht
erst inmitten tiefster Verzweiflung“
schreibt Byung-Chul Han (Der
Geist der Hoffnung, 2024, S.15)